04.09.2014

Kapitel 1

 

Liam und ich waren jetzt seit einem guten halben Jahr ein Paar. Um genau zu sein, seit 6 ½ Monaten und es war bis jetzt die schönste Zeit in meinem Leben.

Er war so aufmerksam, so feinfühlig, so liebevoll. Man konnte sagen, er trug mich auf Händen (auch wenn er das zu meinem Leidwesen öfter als gewünscht zu wörtlich nahm) und las mir jeden Wunsch von den Augen ab. Ich liebte ihn noch genauso, wie am ersten Tag, und entgegen der Prophezeiung meiner Mutter, dass er mir mit der Zeit langweilig werden würde, liebte ich ihn von Tag zu Tag mehr. Manchmal fragte ich mich, wie ich es überhaupt geschafft hatte, ohne ihn so alt zu werden. Eigentlich unvorstellbar!

 

„Emma! Mr Henderson steht vor der Haustür!“, rief mein Dad von unten herauf. Ich seufzte.

Mr Henderson war mein Fahrlehrer und der Einzige, der meinen momentanen Glücksrausch trüben konnte. Mein Vater wollte mir eine Freude machen, indem er mir einen Führerschein zum Geburtstag schenkte, doch die damit verbundenen Fahrstunden waren der blanke Horror! In vier Wochen war bereits mein Geburtstag und ich hatte das dumpfe Gefühl, dass mit jeder weiteren Fahrstunde mein heiß ersehnter Führerschein in unerreichbare Ferne rückte.

Die Theorie war dabei nicht das Problem. Das war einfach. –Bloßes auswendig lernen. Doch die Praxis? Schrecklich! Ständig würgte ich die elende Karre ab und überfuhr sämtliche Schilder, die der Verkehrssicherheit dienten. Offensichtlich schien mein Unterbewusstsein sie mehr als Empfehlung anzusehen, anstatt sich wirklich daran zu halten, aber das Ganze war auch mehr als schwierig. Man musste auf so vieles achten.

Warum wurde denn kein Auto erfunden, das die Schilder am Straßenrand scannen konnte und dann selbstständig alles erledigte? Nach meinem Buch, wie man einen Jungen richtig datet, würde das als nächstes auf meiner Erfinderliste stehen.

„Emma! Jetzt komm!“, brüllte mein Vater erneut.

Ich zuckte zusammen. Ich hatte nicht die geringste Lust, mich schon wieder einer Fahrstunde bei meinem übergewichtigen Lehrer auszusetzen, der nur mit Mühe und Not auf den Beifahrersitz passte und am laufenden Band lauter schnaufte, als das Auto selbst, doch Dad war der Meinung, dass ich einen Führerschein bräuchte.

Insgeheim wollte ich natürlich selbst gerne einen haben. Ich meine, wie schön wäre es, bei dem miserablen Wetter, das wir hier manchmal hatten, mit dem Auto zur Schule zu fahren und trocken anzukommen, oder wie neu wäre es, wenn ich Liam zukünftig zu einer Verabredung abholen würde und nicht immer er mich? Wenn ich mir die damit verbundenen Umstände allerdings näher betrachtete, sollte ich mir das vielleicht noch mal überlegen. Ich durfte gar nicht darüber nachdenken, in welchem Verhältnis meine strapazierten Nerven zu der Freude standen, einen eigenen Führerschein zu besitzen. Wenn es nämlich danach ging, dann würde ich noch in 50 Jahren zu Fuß gehen.

Wenigstens war Mr Henderson ein gemütlicher Mensch und offensichtlich durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Selbst wenn ich das Auto zehnmal hintereinander abwürgte, oder mal wieder einen Bürgersteig mitnahm, korrigierte er mich ruhig und sachlich.

Ganz im Gegensatz zu meinem Vater!

Eigentlich dachte ich immer, mein Vater sei ein friedliebender, besonnener Mensch, der Ärger lieber aus dem Weg ging, anstatt welchen zu provozieren, doch dies galt nicht für die Zeit, an der ich hinter dem Steuer seines Wagens saß.

Dad hatte, um seinen Geldbeutel (nicht seine Nerven!) ein bisschen zu schonen und um mir das Fahren schneller beizubringen, bereits ein paar Probestunden mit mir unternommen, die jedoch alle in einem absoluten Desaster geendet waren. Ich – heulend – mit verquollenem Gesicht, um Gnade winselnd, völlig fertig hinter dem Steuer, und mein Dad – explodierend – mit hochrotem Kopf, schreiend wie auf dem Kasernenhof, nach Luft japsend, auf dem Beifahrersitz. Zu meiner Verteidigung konnte ich nur sagen: Es lag NICHT an mir! Wirklich nicht! Was das Fahren betraf, war mein Dad einfach irre! Aus dem verträglichen, unterwürfigen Obstverkäufer wurde, sowie er vier Räder unter sich hatte, eine heißblütige Furie, die jedem, der es ihr nicht recht machte (also jedem, denn ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass man es ihm diesbezüglich irgendwie recht machen konnte) am liebsten den Kopf abgerissen hätte.

Einmal zu viel Gas gegeben, einmal versucht ohne getretene Kupplung zu schalten und schon war die Hölle los. Von dem Gebaren, das mein Vater an den Tag legte, wenn ich das Auto abgewürgte, wollte ich lieber erst gar nicht anfangen. Dann nahm ich doch eher die Fahrstunden bei Mr Henderson in Kauf. Der war wenigstens nicht so impulsiv und sein rhythmisches Schnaufen hatte auch irgendwie etwas Beruhigendes.

Ich nahm meine Jacke, die über meinem Schreibtischstuhl hing und wollte gerade hinunterlaufen, als Liam mich am Arm zurückhielt und an sich zog.

Das Gefühl, in seinen starken Armen zu liegen, war für mich immer noch unbeschreiblich und gehörte längst nicht zur Alltäglichkeit, obwohl ich Liam eigentlich ständig berührte.

Seine weichen Lippen hauchten mir einen zarten Kuss auf den Mund, bevor er sich mit einem leichten Grinsen und dem Satz: „Bis morgen Süße, wir sehen uns ja heute nicht mehr“ verabschiedete.

Ich verzog das Gesicht. Stimmte ja! Das hatte ich total vergessen.

Heute war Vollmond und obwohl es für mich schon normal geworden war, Liam alle 29 Tage nicht zu sehen (wobei das ja nicht wirklich viel war, zumal wir hier eh nur von ein paar Stunden sprachen, da Liam sowieso immer erst abends nach Hause fuhr) versetzte mir seine Abwesenheit doch immer einen kleinen Stich in meine Magengegend.

Dass Liam ein Werwolf war, auch wenn ich es anfangs kaum glauben mochte, machte mir im Gegensatz zu den Stunden, die wir dadurch getrennt waren, nichts aus.

Manch einer würde mich deswegen sicherlich für verrückt erklären. Schon eine solche Beziehung einzugehen… Doch Liam war sonst wie ein ganz normaler Junge. Ein Junge, der sich eben alle vier Wochen in einen Wolf verwandelte, wovon man aber überhaupt nichts mitbekam, wenn man es nicht wusste.

Sofort ärgerte ich mich über meine Fahrstunden. Die letzten Stunden mit ihm hätte ich wesentlich sinnvoller nutzen können.

Liam schob mich vor sich her, bis wir vor der Haustür standen.

„Wir sehen uns dann morgen“, flüsterte er mir zu und gab mir noch einen Kuss. Schon verschwand er aus der Haustür, stieg in seinen schwarzen BMW und brauste davon.

Liams Familie fuhr an den Vollmondtagen immer in die Berge. Wie er mir erzählt hatte, war der Werwolf seinem grauen Verwandten sehr ähnlich und dadurch ein sehr jagdlustiges, triebgesteuertes Tier, das seinen Geist schlecht bis überhaupt nicht kontrollieren konnte. Um niemanden in Gefahr zu bringen, verbrachten sie diese Nächte deshalb weitab jeglicher Zivilisation.

Eigentlich fand ich das sehr verantwortungsbewusst von ihm und seiner Familie, auch wenn ich mir stillschweigend wünschte, dass er bei mir bleiben würde.

Andererseits hatte ich auch wenig Lust als Werwolf-Snack zu enden. Von daher war das alles ok so wie es war. Seufzend folgte ich ihm aus der Haustür und ging zu meinem Fahrschulwagen.

Mr Henderson war bereits auf der Beifahrerseite eingestiegen und schaute genervt auf die Uhr.

„Ja ja, ich beeil mich ja schon“, nörgelte ich vor mich hin und öffnete die Fahrertür.

Wie immer, wenn Mr Henderson den Wagen zu uns gefahren hatte, fiel ich regelrecht in den Sitz und musste erst einige Einstellungen vornehmen, bevor ich auch nur annähernd an das Lenkrad kam. Nachdem ich den Sitz zurechtgerückt und alle Spiegel passend eingestellt hatte, schnallte ich mich an und ließ den Wagen an.

„Ob wir es heute mal ohne Abwürgen schaffen, vom Hof zu kommen?“, stichelte er.

Ich schenkte Mr Henderson mein grimmigstes Lächeln, welches er ebenso erwiderte. Offensichtlich war er mit mir als Fahrschülerin genauso gequält, wie ich mit ihm als Fahrlehrer.

Ich sehnte bereits den Tag herbei, an dem ich endlich diesen blöden Führerschein in den Händen hielt und er und ich getrennte Wege gehen konnten, doch so wie es momentan schien, würde das noch einige Zeit dauern.

 

Ich ließ die Kupplung langsam kommen ...

Nichts tat sich.

Ein Stückchen mehr ...

Es tat sich immer noch nichts.

Noch ein Stückchen ...

Schwups! Das Auto machte einen Satz nach vorne, stotterte, und ging aus.

Mr Henderson stieß einen tiefen Seufzer aus und schaute mich an.

Keine Ahnung, ob ich den Blick, den er mir zuwarf, eher wütend deuten oder mit „du armes gehirnamputiertes Kind bist noch zu dämlich, ein Auto anzulassen“ übersetzen sollte, aber letztendlich war das auch egal.

Zu meiner Schande musste ich gestehen, dass er mit beiden Varianten nicht gänzlich im Unrecht war.

Glücklicherweise klappte es beim dritten Versuch und wir konnten endlich los.

 

Wir fuhren zur nächst größeren Stadt und Mr Henderson ließ mich erstmal Einparken üben. Solange ich nicht rückwärts einparken musste, klappte das – wie ich fand – verhältnismäßig gut.

Im weiteren Verlauf meiner Fahrstunde überfuhr ich zwar noch ein Stoppschild, nahm einem anderen Fahrzeug die Vorfahrt und fuhr verkehrt herum in eine Einbahnstraße, aber ansonsten verlief die Stunde ganz okay. Zumindest kamen keine anderen Fahrzeuge zu Schaden und Passanten wurden auch keine verletzt. Was wollte man also mehr?

Erschöpft von der anstrengenden Fahrstunde fuhr ich mich selbst nach Hause und verabschiedete mich von meinem Fahrlehrer, der nicht weniger erleichtert schien als ich.

Ich ging hinauf in mein Zimmer, legte mich auf mein Bett und zappte durch sämtliche Fernsehkanäle. Wobei ich nicht wirklich mitbekam, was tatsächlich im Fernseher lief. Mittlerweile war es nämlich dunkel geworden und der Mond stand hoch am Himmel.

Ich dachte an Liam, wo er jetzt war, was er jetzt machte und wie es ihm ging. Ob er auch an mich dachte? Oder ob er wie immer nichts von seinem Dasein als Werwolf mitbekam?

Ich wusste nicht mehr genau zu welcher Uhrzeit, doch irgendwann machte ich den Fernseher aus und legte mich schlafen. Je früher ich einschlief, umso schneller würde ich Liam wiedersehen.

 

Am nächsten Morgen sprang ich gutgelaunt aus dem Bett. Früh aufstehen war mittlerweile kein Problem mehr für mich, denn ich wusste, dass ich Liam gleich wiedersehen würde. Ich machte mich für die Schule fertig und ging zu unserer Laterne.

Liam war noch nicht zu sehen, aber das war ja nichts Neues. Er verspätete sich immer, wenn er eine Vollmondnacht hinter sich hatte. Das war also kein Grund mehr zur Aufregung. Die Warterei war auch nicht mehr so schlimm. Wir hatten Frühjahrsanfang und die nasse Kälte war ein paar (wenn auch kläglichen) Sonnenstrahlen gewichen.

Endlich kam er um die Ecke. Müde und abgekämpft, doch auch an diesen Anblick hatte ich mich bereits gewöhnt. Er benötigte heute ein bisschen mehr Schlaf als sonst, aber morgen würde er wieder ganz der Alte sein.

Liam ging zielstrebig auf mich zu und drückte mich fest an sich. Wie gut das tat!

„Ich hab dich vermisst“, flüsterte er mir ins Ohr und hielt mich dabei immer noch in seinen Armen.

„Ich hab dich auch vermisst“, wisperte ich zurück.

„Wie war deine Fahrstunde gestern?“

Ich machte eine abwertende Handbewegung. „Frag lieber nicht.“

Er grinste frech und vergrub sein Gesicht in meinen Haaren, während er mich noch fester an sich drückte. Ihm war es leider nicht entgangen, dass meine Stärken jenseits vom Autofahren lagen, aber er hatte mir versprochen, nachdem er mich bereits etliche Male schamlos ausgelacht und damit aufgezogen hatte, sich nicht mehr über mich lustig zu machen.

„Wir müssen zur Schule“, erinnerte ich ihn und Liam ließ mich widerwillig los.

 

In der Klasse angekommen, saßen unsere Mitschüler schon auf ihren Plätzen. Liam wurde freundlich begrüßt und auch für mich hatte sich einiges geändert, seit ich mit ihm zusammen war.

Ich wurde nicht mehr gehänselt und ich bekam keine dämlichen Sprüche mehr an den Kopf geworfen. Seit Liam und ich ein Paar waren, begrüßten mich einige meiner Klassenkameraden ebenso herzlich wie ihn. „Heuchler!“, dachte ich mir dann immer, doch irgendwie war ich auch froh, dass ich aus der Schussbahn war.

Erwin und Roswitha waren nun das neu erklärte Ziel des Klassenspotts. Ein bisschen taten sie mir leid und ich überlegte oft, ob ich ihnen nicht helfen sollte, wenn mal wieder jemand auf ihnen rumhackte, doch ich hatte zu große Angst, dadurch selbst wieder zum Zielobjekt zu werden, also nahm ich mir nur vor, beim nächsten Mal einzuschreiten.

Kyle, der mittlerweile neben Amilia saß, begrüßte mich überschwänglich und drückte mich mit seinen Mammut-ähnlichen Armmuskeln an seine massige Brust, sodass mir fast die Luft wegblieb. Zu meiner Zufriedenheit beobachtete Liam das mit inbrünstiger Missgunst. Es war ein tolles Gefühl, wenn er so reagierte.

Eigentlich hätte ich ihn so eingeschätzt, dass ihm das nicht besonders viel ausmachte. Liam musste doch wissen, wie toll er war und dass ich keinen besseren Freund als ihn finden konnte, dennoch war er sehr schnell eifersüchtig und das bestätigte mir neben seinen Worten nur noch mehr, wie sehr er mich liebte.

Wenn ich ehrlich war, wusste ich selbst nicht, woher Kyles neue Zuneigung zu mir kam. Egal wo er mich sah, auch wenn Liam nicht dabei war, grüßte er mich von weitem und versuchte Smalltalk mit mir zu halten. Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal zugeben würde, aber Kyle konnte tatsächlich nett sein. Vielleicht hatte ich ihn auch nur immer falsch eingeschätzt.

Amilia hingegen flüsterte nur ein abschätziges „Hallo Emma“ in meine Richtung. Sie behandelte mich nicht mehr wie Luft, was bei ihr schon ein absoluter Fortschritt war, doch wir waren noch weit davon entfernt, jemals sowas wie befreundet zu sein.

Liam hingegen zwinkerte sie aufmunternd zu und hauchte ihm ein verführerisches „Hey Liam!“ entgegen, während sie sich mit einer Hand lasziv durch die blonden Haare strich. Wenn ich das sah, war es an mir, eifersüchtig zu reagieren.

Eigentlich hatte es dafür nie einen Grund gegeben, da Liam sie normalerweise weitgehend ignorierte, doch heute schenkte er ihr ebenfalls ein Lächeln. Ein – für meinen Geschmack – zu nettes Lächeln. Ich fragte mich, was das sollte. Hatte ich irgendetwas nicht mitbekommen? Doch bevor ich mir weiter darüber Gedanken machen konnte, zog mich Liam zu unserem Platz. Mr Graham war zur Tür hereingekommen und schwang seinen Mantel über die Stuhllehne. Jetzt hatten wir Geschichte. Ich packte mein Buch aus und folgte aufmerksam dem Unterricht.

 

Nachdem die Schule vorbei war, gingen Liam und ich gemeinsam zu mir nach Hause. Es war Donnerstag, also musste er im Laden aushelfen. Ungefähr 5 Meter vor unserer Haustür blieb ich stehen und seufzte tief. Liam schaute mich aufmerksam an, dann lächelte er liebevoll. Er wusste genau, was los war. Seit ich mit dem Führerschein begonnen hatte, nutzte mein Vater nämlich die Tage, an denen Liam im Laden war, um mir weitere Fahrstunden zu erteilen.

„Wird schon nicht so schlimm werden“, sagte er in einem aufmunternden Tonfall und streichelte zärtlich meine Wange.

Ich seufzte wieder. „Wenn du das sagst.“ In Wahrheit dachte ich aber: „Du hast ja so was von keine Ahnung“ und setzte mich langsam in Bewegung.

Da unsere Haustür halb verglast war, konnte ich bereits sehen, wie mein Vater mit dem Autoschlüssel dahinterstand und nur auf meine Ankunft wartete. Liam gab mir einen Kuss auf die Stirn, was Dad gar nicht gerne sah, und verschwand im Laden.

Mein Vater mochte Liam. Nur nicht unbedingt in Verbindung mit mir, doch immerhin gut genug, um ihm für ein paar Stunden seinen heißgeliebten Laden anzuvertrauen.

„Du erreichst mich auf dem Handy, Liam!“, schrie er in Richtung Verkaufsraum und schob mich wieder aus dem Haus, obwohl ich es gerade mal geschafft hatte, meine Schultasche abzulegen.

Seit ich wusste, was an Vollmondnächten mit Liam passierte, bestand ich wenigstens den Tag danach darauf, meine Tasche selbst zu tragen. Es hatte mich zwar einige Überredungskunst und Überzeugungsarbeit gekostet, doch schließlich hatte Liam klein beigegeben. An dem Tag danach, oder wie ich es scherzhaft nannte „the day after“, war Liam sowieso zu müde, um sich mit irgendetwas anderem zu befassen, als mit Schlafen.

Ich stieg in das Auto meines Vaters ein. Der uralte Nissan fiel allein schon vom Angucken auseinander. Vorsichtig steckte ich den Schlüssel ins Zündschloss.

„Ein bisschen mehr Gefühl, Emma!“, herrschte mein Vater mich an.

Ich runzelte die Stirn und drehte langsam den Schlüssel um.

„Mehr Gefühl beim Motor starten, bitte“, kam sofort die nächste Anweisung.

Wie albern war das denn?! Mein Dad tat ja fast so, als würde dieses Ding leben. Ich schnaubte, verkniff mir aber jeglichen Kommentar. Dass mein Dad diesbezüglich im Oberstübchen nicht ganz rund lief, damit hatte ich mich bereits abgefunden.

Auch wenn die Optik von Dads Auto es nicht vermuten ließ, kam ich mit der Kupplung des alten Nissans erstaunlicherweise besser zurecht, als mit dem Fahrschulauto, so dass wir nach dem ersten Startversuch bereits vom Hof herunterfahren und ich mit ihm eine Runde durch die Gegend drehen konnte.

Als wir eine weitausgebaute Landstraße befuhren, kommandierte mein Vater: „Nun zier dich doch nicht so. Drück doch mal auf das Gaspedal. Dafür ist es schließlich da.“

Immer meckerte er, wenn ich langsam fuhr. Sollte ein Vater sich nicht darüber freuen, wenn seine Tochter beim Autofahren vorsichtig und achtsam war? Aber auch das war mal wieder völlig anders in meiner Familie. Mein Dad wollte scheinbar, dass ich aufgrund zu hoher Geschwindigkeit von der Straße abkam, mich mehrmals überschlug, bis mich ein Baum zum Stehen brachte und die Kiste unter mir zerschellte wie ein Weinglas, das zu Boden fiel.

Zugeben, oft fuhr ich außerorts nicht unbedingt schneller als innerorts, doch wozu diese Eile? Ich war ja schließlich nicht auf der Flucht. Außerdem konnte man sich so viel besser die Landschaft anschauen.

„Nun mach schon!“, drängelte mein Vater und ich trat das Gaspedal herunter. Der Wagen beschleunigte mit einem Ächzen von 50 auf 80 Sachen. Erschrocken klammerte sich mein Vater an der Beifahrertür fest.

„Hast du sie noch alle?“, pflaumte er mich an, „Ras doch nicht so!“

Ich verdrehte genervt die Augen. Auch das kannte ich bereits. Erst wurde ich genötigt, schneller zu fahren und wenn ich es dann tat, war es plötzlich wieder zu schnell.

„Du kannst jetzt so langsam Richtung Heimat fahren.“

Erstaunt sah ich auf. Wir waren doch eben erst losgefahren?!„Mrs Wizzlebee kommt gleich noch vorbei.“

Ah, deswegen hatte er es vorhin so eilig gehabt. Glück musste der Mensch eben haben.

Mrs Wizzlebee war eine alte Frau, die sich einmal in der Woche auf den Weg machte, um bei meinem Vater Lebensmittel einzukaufen. Sie war ziemlich eigenbrötlerisch und bestand darauf, persönlich von ihm bedient zu werden. Eigentlich fand ich das ja immer ziemlich engstirnig, aber in Situationen wie dieser dankte ich Gott dafür, dass es auch solche Leute gab.

Ich fuhr uns nach Hause und schlich langsam die Treppe hinauf, während mein Dad in seinen Laden ging.

„Liam, aufwachen, du kannst zu Emma gehen“, hörte ich ihn sagen.

Hoppla! Liam war wohl wieder eingenickt, was aber nicht weiter schlimm war. Nachdem mein Vater ihn zweimal erwischt hatte, wie er bei der Arbeit eingeschlafen war, hatten wir ihm erzählt, dass er einmal im Monat einen Männerabend machte.

Mein Vater fand das grandios und erzählte Liam daraufhin etliche Geschichten aus seiner Jugend, als er noch mit seinen Kumpels um die Häuser gezogen war. Er schwelgte dann stundenlang in Erinnerungen und blickte verträumt an die Decke, während ihm immer neue Abenteuer einfielen, die er (angeblich *hust*) mal erlebt hatte. Mein Dad nahm ihm seine Nickerchen also nicht übel und zeigte vollstes Verständnis dafür. Die Frage war nur, wie der sonst so gewissenhafte Liam das mit sich selbst vereinbaren konnte.

Schlurfend kam er hinter mir die Treppe hinauf und legte mir seinen Arm um die Hüfte. „Was für ein Glück, dass ihr wieder da seid. Ich bin hundemüde.“ Wir gingen in mein Zimmer, Liam warf sich aufs Bett und machte augenblicklich die Augen zu. Zufrieden kuschelte ich mich an ihn, machte den Fernseher an und schaute mir irgendein langweiliges Nachmittagsprogramm an, bis meine Mutter uns zum Essen rief.

Kapitel 2

Heute war der Tag vor meinem Geburtstag und ich war über alle Maßen aufgeregt.Nicht wegen des nahenden Geburtstags selbst, sondern weil mich mein Fahrlehrer gleich zu meiner Führerscheinprüfung abholte.

Ich hatte Liam gesagt, er solle mich in der Schule krankmelden. Zuerst hatte er sich geweigert, doch nachdem ich ihm erklärte, dass ich wenig Hoffnung darin sah, meinen Führerschein beim ersten Anlauf zu bestehen und nicht jedem in der Klasse sagen wollte, dass ich jämmerlich versagt hatte, zeigte er Verständnis und willigte ein, mich aus gesundheitlichen Gründen zu entschuldigen.

Zu gut hätte ich mir Amilias Gesicht vorstellen können, nachdem sie erfuhr, dass ich meinen Führerschein doch nicht bestanden hatte. Ein fieses Grinsen voller Schadenfreude! Würg!

Sie selbst hatte ja gut lachen. Seit zwei Wochen gehörte sie ebenfalls zum Kreis der glücklichen Führerscheinbesitzer und fuhr seitdem mit einem protzigen Cabrio zur Schule, welches ihr Daddy ihr geschenkt hatte. Selbst wenn sie noch schlechter autofahren würde als ich, hätte sie unter Garantie ihren Führerschein bekommen. Ihr Vater hätte ihr vermutlich einfach einen gekauft.

Es hupte vor der Haustür und mir wurde ganz mulmig zumute. Meine Mutter hatte sich heute extra freigenommen und den Frühstückstisch mit lauter Köstlichkeiten gedeckt, damit ich mich stärken konnte, doch ich hatte solche Panik vor der Prüfung, dass ich keinen Bissen hinunterbekam. Obwohl ich in den letzten vier Wochen jede freie Minute mit Fahrstunden verbracht hatte und zusätzlich sogar freiwillig weitere Fahrstunden bei meinem Dad genommen hatte (und das wollte schon etwas heißen!), fühlte ich mich dennoch, als wäre dies heute meine erste Autofahrt. Mit flauem Magen nahm ich auf dem Fahrersitz Platz und begrüßte zuerst meinen Fahrlehrer, der wie gewohnt auf dem Beifahrersitz saß, und danach den Prüfer, der hinter ihm Platz genommen hatte.

„Hallo, Mrs Forsyth. Ich bin Mr Dawson und werde Ihnen heute Ihre Prüfung abnehmen. Ich hoffe, das wird eine angenehme Stunde.“ Mr Dawson lächelte freundlich und reichte mir seine Hand.

Mein liebenswürdiger Fahrlehrer allerdings unterdrückte ein Lachen und ich schaute vernichtend in seine Richtung. Das war eine Beeinflussung des Prüfers. Sowas war mit Sicherheit nicht erlaubt.

Ich machte alles, wie ich es gelernt hatte. Ich schob den Fahrersitz in die richtige Position, stellte sämtliche Spiegel ein und startete den Motor. Soweit so gut.

Ich ließ die Kupplung langsam kommen und betete inständig, dass ich die blöde Karre nicht schon wieder abwürgte.

Noch ein Stückchen …

Noch ein Stückchen mehr …

Noch mehr …

Zuviel!

Der Wagen machte einen Satz nach vorn und erstarb unter lautem Stottern. So ein Elend! Musste das ausgerechnet heute passieren? Aber was hatte ich auch erwartet. Schließlich begann jede meiner Fahrstunden so.

Zu meiner Überraschung klopfte der Prüfer mir fürsorglich auf die Schulter.

„Das kann passieren. Seien Sie nicht so aufgeregt, dann klappt das auch.“

Er hatte leicht Reden. Er wusste ja nicht, wie meine Fahrstunden bis dato verlaufen waren. Ich lächelte dankbar und versuchte es erneut. Diesmal mit Erfolg.

Ich glaube, ich war noch nie so hochkonzentriert beim Autofahren, wie an diesem Tag. Selbst das rückwärts Einparken klappte reibungslos. Ich übersah weder ein Stoppschild, noch nahm ich jemandem die Vorfahrt. Alles lief wie am Schnürchen, bis plötzlich eine Katze aus dem Gebüsch sprang und über die Straße lief.

Erschrocken trat ich auf die Bremse. Mein Prüfer wurde gegen den Beifahrersitz gedrückt und den Fahrlehrer presste es gegen die Windschutzscheibe. Dann ein Knall! Ich hatte sie erwischt! Mit einem lauten Schnaufen löste mein Fahrlehrer sein Gesicht von der Scheibe und starrte mich böse an.

Entsetzt drehte ich mich zu dem Prüfer um, der mindestens ebenso schockiert aus der Wäsche schaute wie ich. Er rückte seinen Hut zurecht und stieg aus, um nach der Katze zu sehen, doch von ihr war weit und breit keine Spur. Vermutlich hatte sie sich in irgendeinen Busch verkrochen und verblutete jetzt dort.

Ich merkte, wie es mir die Kehle zuschnürte und sich Tränenflüssigkeit in meinen Augen sammelte. Ich hatte meinen Führerschein nicht bestanden und oben drauf auch noch eine arme Katze überfahren. Ich starrte auf das Lenkrad und wartete auf weitere Anweisungen.

Der Prüfer nahm wieder Platz und klopfte mir abermals auf die Schulter.

„Ich glaube, für heute reichtʼs. Fahren Sie uns besser nach Hause.

Ich linste zu meinem Fahrlehrer, der so kreidebleich im Gesicht war, dass ich mir nicht sicher sein konnte, ob er überhaupt noch lebte oder an einem Schock gestorben war. Trotzdem ließ ich den Wagen wieder an und fuhr zurück auf unseren Hof. Ich nahm den Türgriff in die Hand und drückte die Tür auf, damit ich aussteigen konnte, da packte der Prüfer mich erneut an der Schulter.

„Wo wollen wir denn so schnell hin, junge Dame?“ Ich schaute betreten zu Boden. Ob er mich jetzt zur Polizei bringen wollte, um Anzeige gegen mich zu erstatten, weil ich eine Katze totgefahren hatte? Das mulmige Gefühl, das sich schon die ganze Zeit in meinem Magen breitgemacht hatte, verstärkte sich.

„Sie wissen ja, dass diese Bremsaktion Sie eigentlich den Führerschein kostet?“ Streng sah er mich an.

„Ja, das weiß ich“, gab ich kleinlaut zu.

Der Prüfer nickte zufrieden. „Doch Sie haben Glück. Ich bin ein absoluter Katzenliebhaber und werde ausnahmsweise ein Auge zudrücken. Sollte sich einmal eines meiner Kätzchen auf die Straße verirren, würde ich mir wünschen, alle Autofahrer wären so geistesgegenwärtig wie Sie.“ Dann holte er eine kleine Karte hervor und überreichte sie mir.

„Meinen herzlichsten Glückwunsch, junge Dame. Ich hoffe, Sie werden viel Freude damit haben.“ Mr Dawson lächelte herzlich und gab mir zum Abschied die Hand.

Ich konnte gar nicht glauben, was hier gerade passierte.

Fassungslos schaute ich auf meinen Führerschein, dann wieder zu dem Prüfer. Erst nach und nach realisierte ich, was er da eben gesagt hatte. Ein Gefühl unbändiger Freude durchfloss meinen Körper. Ich hatte meinen Führerschein bestanden! Wer hätte das gedacht? Ich bedankte mich und sprang aufgeregt aus dem Auto, um es direkt meinen Eltern zu erzählen.

Ich war sogar so neben der Spur, dass ich völlig vergessen hatte, mich auch von meinem Fahrlehrer zu verabschieden, aber das war ja jetzt auch egal. Den würde ich eh nie wiedersehen. Ich rannte zur Haustür und schlug sie so ungestüm auf, dass sie fast aus den Angeln fiel.

„Ich hab ihn!“, schrie ich wie eine Irre durch unser Haus und hüpfte dabei im Flur auf und ab. Augenblicklich kamen meine Mutter und mein Vater angerannt. Beide schauten zuerst etwas irritiert, doch nachdem sie den Beweis in meiner Hand sahen, umarmten sie mich.

„Ist doch nicht wahr!“, gluckste mein Vater vergnügt, während meine Mutter mich mit sämtlichen Glückwünschen überhäufte, die sie zu kennen schien. „Das hast du alles meinen lehrreichen Fahrstunden zu verdanken. Wenn du das vorher gewusst hättest, hättest du dich bestimmt nicht so angestellt. Ich meine, nach dem Ergebnis?!“

Zuerst wollte ich etwas darauf erwidern, doch bis auf ein Augenrollen verkniff ich mir jegliche Frechheiten und betrachtete weiterhin meinen Führerschein. Ich war so stolz! Ich konnte es kaum erwarten, dass Liam heute Abend vorbeikam und ich ihm alles berichten konnte.

 

Beim Abendessen erzählte ich dann die ganze Geschichte. Mein Vater und Liam amüsierten sich königlich darüber. Gut, dass Mr Henderson an der Windschutzscheibe geklebt hatte, wie ein dicker Käfer, der bei 130 gegen die Scheibe klatschte, fand ich ja selbst witzig, aber was bitte sollte daran lustig sein, ein armes Kätzchen zu überfahren?! Das konnte ja wohl nicht wahr sein!

Ich hatte das Gefühl, darüber lachte Liam am lautesten. Wäre ich nicht so furchtbar glücklich gewesen, diesen doofen Führerschein endlich in der Tasche zu haben, wäre ich womöglich sauer geworden, doch meine Laune konnte heut Abend nichts und niemand trüben.

Na ja, fast nichts. Morgen war mein 17ter Geburtstag und es war eine Vollmondnacht. Ich hatte zwar nicht so einen schlauen Kalender in meinem Zimmer, wie sie überall in Liams Wohnung herumstanden, doch ich hatte oft genug nachgezählt, um zu wissen, dass morgen die 29 Tage vorbei waren und in der Nacht der Vollmond wieder hoch am Himmel stehen würde. Eigentlich hatte ich mir gewünscht, mit Liam ein bisschen länger zu feiern, doch daraus würde offensichtlich nichts werden.

Kapitel 3

Am nächsten Morgen holte mich Liam mit dem Auto zur Schule ab. Mit einem verschmitzten Grinsen reichte er mir seinen Wagenschlüssel, den ich aber dankend ablehnte. Nur weil ich jetzt den Führerschein hatte, hieß das noch lange nicht, dass ich nun gerne Auto fuhr.

Auf dem Beifahrersitz lag ein kleines Päckchen, mit einer dicken roten Schleife und einem kleinen Namensschild, auf dem in Liams geschwungener Handschrift „Emma“ stand.

Erwartungsvoll schaute er mich an, während ich das Päckchen prüfend in alle Richtungen drehte. Seinem Gesicht nach zu urteilen, war er ungeduldiger als ich, das Päckchen endlich zu öffnen. Ich riss die sorgfältige Verpackung auf und eine kleine dunkelrote Schachtel kam zum Vorschein. Ich schüttelte sie und es klapperte kurz.

„Boah, Emma … jetzt mach sie endlich auf!“, maulte Liam ungeduldig.

Ich grinste und beschloss, ihn nicht länger warten zu lassen und öffnete sie. In der Schachtel lag eine silberne Armbanduhr, deren Ziffernblatt die Form eines Wolfkopfes hatte und wie das innere einer Muschel schimmerte. Außen war sie zusätzlich mit lauter weißen Steinchen besetzt. Vermutlich Diamanten – so genau kannte ich mich damit nicht aus – doch selbst ein ahnungsloser wie ich sah auf einen Blick, dass sie unheimlich wertvoll war.

Es war keineswegs eine normale Armbanduhr. Neben dem gewöhnlichen Ziffernblatt, auf dem man die Uhrzeit ablesen konnte, hatte sie ein kleines Fenster, das die Mondphasen anzeigte. Schmunzelnd, aber auch etwas wehmütig betrachtete ich den kleinen Vollmond, der auf der Uhr zu sehen war.

Ich wusste, dass Liam furchtbare Angst hatte, dass wir die Zeit vergessen würden, doch ich machte mir da wenig Sorgen. Er war dafür einfach zu gewissenhaft. Mit großen Augen holte ich die Armbanduhr heraus und betrachtete das funkelnde Schmuckstück.

„Wie schön sie ist“, brachte ich atemlos hervor.

Liam nahm mir die Uhr aus den Händen und legte sie mir sanft um das Handgelenk. Ich bekam Gänsehaut, als seine warmen Finger meine Haut berührten und den Verschluss zumachten. „Damit du mich nie vergisst“, hauchte er mir ins Ohr, strich meine Haare aus dem Genick und küsste mich flüsterzart in meinen Nacken. Als könnte ich Liam je vergessen. Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung und küsste ihn sanft auf den Mund. Zärtlich wurde mein Kuss erwidert.

„Happy Birthday, Liebste!“, sagte er feierlich und küsste mich erneut.

Ich hatte das Gefühl, mittlerweile war er darin wesentlich kontrollierter. Zumindest war es nie wieder zu solch einem stürmischen Ereignis gekommen, wie damals in meinem Zimmer, als wir uns das erste Mal richtig geküsst hatten. Er war vor lauter werwölfischer Liebestollheit plötzlich nicht mehr zu bremsen gewesen und erst wieder zur Besinnung gekommen, als ich den so genannten „Werwolf-Beruhigungsgriff“ anwandte und mich in seinem Nacken festkrallte. Liam sagte danach, wir hätten alle Zeit der Welt und er schien es auch so zu meinen.

 

Er startete den Wagen und in kürzester Zeit waren wir auch schon in der Schule angekommen. Er parkte zwischen Amilias Cabrio und Kyles Audi. Kyle war selbst gerade erst gekommen und sprang mit einem Satz aus dem Fahrzeug. Er stand ungeduldig mit einem Fuß wippend vor meiner Beifahrertür, während Liam ein leises Knurren ausstieß.

„Er will mir doch nur gratulieren“, versuchte ich Liam zu beruhigen, der Kyle mit Argusaugen fixierte.

„Ja, ich weiß“, sagte er tonlos, doch trotzdem schien es ihm nicht zu passen.

Oh Mann! Liam war einfach total süß, wenn er eifersüchtig war, doch mich wunderte noch immer, dass jemand wie er überhaupt ein Wort wie Eifersucht kannte. Er war so vollkommen, ich würde nie auch nur auf die Idee kommen, einen Gedanken an einen anderen Mann zu verschwenden. Mal abgesehen davon, dass mich auch erst mal ein anderer haben wollen müsste. Es war schon irgendwie alles komisch. Kyle hatte mir noch nie zum Geburtstag gratuliert, selbst nicht, wenn er es von einem Lehrer erfahren hatte und nun hatte er ihn sich eigenständig gemerkt? Alle Achtung. Klyes Gehirn schien doch noch aufnahmefähig zu sein.

Ich kletterte vorsichtig aus Liams Wagen, doch ich kam gar nicht dazu, mich gerade hinzustellen. Schon umschlossen mich Kyles Würgeschlangen-ähnlichen Arme und drückten mich an seine schwere Brust, sodass ich fast keine Luft mehr bekam.

„Alles Gute zum Geburtstag Emma!!!“, brüllte er mir ins Ohr und drückte noch einmal fester, dann ließ er los.

Nach Luft japsend und taub stand ich vor ihm, bedankte mich artig und nahm den kleinen Muffin entgegen, den er mir mitgebracht hatte. Sogar eine kleine Kerze steckte oben in dem Zuckerguss, die Kyle noch anzündete, bevor er sich von jedem einzelnen seiner Finger den Zuckerguss abschleckte.

„Welch ein Glück, dass er seine Finger erst nach der Muffin-Übergabe abspeichelte“, dachte ich, während ich angewidert beobachtete, wie Kyle seine Finger nacheinander genüsslich durch den Mund zog. Ich pustete die Kerze aus und ging mit Liam und Kyle in die Klasse. Auch Amilia stand auf, als sie mich sah und reichte mir ihre seidenweiche Hand.

„Alles Gute, Emma“, sagte sie knapp und setzte sich wieder hin.

„Und? Führerschein bestanden?“, fragte mich Kyle.

Ich warf Liam einen bösen Blick zu, der verlegen zu Boden schaute. Glücklicherweise hatte ich ja bestanden und konnte guten Gewissens antworten.

„Klar“, sagte ich, doch meine Stimme klang mehr nach Stolz und Erleichterung, als nach Selbstverständlichkeit.

Dann betrat der Lehrer den Klassenraum und wir setzten uns hin.

„Ich hatte dich doch gebeten, es niemandem zu sagen“, zischte ich Liam zu, der mich jetzt unverschämt angrinste.

„Warum nicht?

„Was, wenn ich nicht bestanden hätte?“

„War doch klar, dass du bestehst.“ Schelmisch zwinkerte er mir zu.

„War es nicht!“

„Klar war es das!“

„Ich hab eine Katze überfahren!“ Ich blickte ihm vorwurfsvoll in die Augen. Unsicher schaute Liam zurück.

„Du erwartest doch jetzt nicht, dass ich als Halb-Wolf darüber trauere, oder?!“

Da musste ich lachen. Von dieser Seite hatte ich es noch gar nicht betrachtet.

„Trotzdem“, gab ich zurück.

„Trotzdem“ war eine perfekte Antwort für alle Lebenslagen. Sie ließ sich beliebig einsetzen, ohne dass man sich vorher groß Gedanken um den Sinn machen musste. „Trotzdem“ passte einfach auf alles. Liam verdrehte die Augen und schaute nach vorne zur Tafel.

„Pssst! Emma …“, flüsterte Kyle zu uns herüber. Nun ja, sagen wir, er versuchte zu flüstern. Kyle hatte einfach ein Organ, mit dem man nicht flüstern konnte. Liam ignorierte ihn, doch ich hob aufmerksam den Kopf. Was wollte er denn noch?

„Heut Nachmittag Party bei dir?“

Ich schluckte. Party bei mir?

„Amilia und ich würden gern vorbeikommen.“

Ich schluckte wieder. Auf so etwas war ich ja überhaupt nicht vorbereitet. Ich hatte weder Kuchen noch Getränke da und wo sollte ich sie hintun? Alle auf mein Bett in mein Zimmer setzen? Liam wandte den Kopf in Kyles Richtung.

„Nein“, sagte er schlicht und drehte sich wieder zur Tafel.

Kyle verzog das Gesicht, als würde ein Kind ein Geschenk auspacken und nicht das darin vorfinden, was es sich sehnlichst gewünscht hatte.

„Ist schon in Ordnung. Ihr könnt kommen“, flüsterte ich zurück in seine Richtung und prompt hellten sich seine Gesichtszüge wieder auf.

Ich wusste nicht, warum ich das gesagt hatte. Ich hätte den Nachmittag viel lieber mit Liam alleine verbracht, doch ich wollte Kyle nicht verärgern und damit unsere neue Freundschaft (oder was das auch immer war) wieder aufs Spiel setzen. Es war ganz bequem, nicht mehr von ihm geärgert zu werden und so sollte es nach Möglichkeit auch bleiben.

Liam schaute mich verwirrt an. Er konnte offensichtlich selbst nicht glauben, was ich da eben gesagt hatte. Ich streichelte ihm beruhigend über seinen starken Unterarm und widmete mich der Tafel.

 

Das Klingeln der Schulglocke beendete den Unterricht und wir gingen gemeinsam zum Auto. Kyle und Amilia begleiteten uns. „Dann bis heute Nachmittag, Emma!“, rief Kyle uns zu, während er sich in seinen Audi fallen ließ. Amilia sah weniger erfreut aus, aber auch sie nickte zustimmend.

„Bis später“, verabschiedete ich mich und Liam und ich fuhren nach Hause.

Als wir zu Hause ankamen, stand ein hellblauer Volvo in der Einfahrt. Aufgeregt rutschte ich auf meinem Sitz hin und her. War der etwa für mich? Liam hatte seinen glänzenden BMW daneben noch nicht richtig zum Stehen gebracht, da sprang ich auch schon vom Beifahrersitz, um mir das hellblaue Etwas zu betrachten. Neugierig beäugte ich das Fahrzeug. Gut, der Volvo war Marke uralt, aber einem geschenkten Gaul schaute man bekanntlicherweise nicht ins Maul, oder?

„Und? Was hältst du davon?“, fragte mich mein Vater. Ich war so mit dem Wagen beschäftigt, dass ich gar nicht mitbekommen hatte, wie er und meine Mutter aus dem Haus gekommen waren. „Ist der für mich?“, stellte ich begeistert als Gegenfrage.

Mein Vater nickte. „Nicht mehr der Neuste, aber er läuft tadellos.“

Ich fiel meinem Vater um den Hals. „Der ist super!“ Und das war er wirklich. So einen schicken Flitzer wie Liam konnte ich sowieso nicht gebrauchen. Da würde ich mich ja zu Tode ärgern, wenn ich aus Versehen eine Schramme hineinfuhr – womit man bei mir durchaus zu rechnen hatte. Doch bei Hugo wäre das nicht so tragisch. Er schien schon mehr davon zu haben und Hugo sah so aus, als ob er mir das verzeihen würde.

“Hält zwar nicht ganz mit Liams Sportwagen mit“, begann sich mein Dad zu entschuldigen, doch ich ließ ihn gar nicht erst ausreden.

„Hugo ist spitze! Ich liebe ihn!“

Irritiert schaute mein Vater mich an. „Wer?!“

Ich lächelte. Es gehörte zu meiner Eigenart, Dingen, die ich neu bekam, erst einmal einen Namen zu verpassen. Ich fand, das machte das Ganze persönlicher.

„Na Hugo“, sagte ich stolz und klopfte dem Volvo auf sein hellblaues Dach.

„Lasst uns erst einmal reingehen, sonst wird der Kaffee kalt. Danach können wir ja alle noch mal rausgehen und Hugo bewundern.“ Meine Mutter schob mich mit einem Lächeln ins Haus, an eine reich gedeckte Kaffeetafel. Wir saßen noch nicht richtig, da klingelte es auch schon an der Haustür. Verwundert schaute meine Mutter mich an.

„Erwartest du jemanden?“

Das hatte ich ja schon wieder vergessen. „Zwei aus meiner Klasse wollten heute Nachmittag vorbeikommen“, antwortete ich wahrheitsgemäß.

Jetzt schien meine Mutter noch verblüffter. Das hatte es noch nie gegeben. „Schön“, antwortete sie immer noch völlig irritiert. „Willst du nicht aufmachen?“

Ach so … Ich stand auf und öffnete die Tür. Tatsächlich standen Kyle und Amilia bereits vor unserem Haus.

„Sorry, dass wir so früh sind, aber Kyle ließ sich nicht bremsen.“ Amilia hatte den Satz noch nicht fertig ausgesprochen, da drängelte Kyle sich auch schon schnuppernd an mir vorbei und fand sich in der Küche ein. Amilia und ich folgten ihm. Als auch wir in der Küche ankamen, saß Kyle bereits auf meinem Platz und schaufelte sich ein Kuchenstück rein.

„Du hascht mir gar nischt erzählt, dass deine Mama so gut backen kann“, schmatzte Kyle, während meine Mutter ihn verzückt anlächelte. Wenn sie auf eins stand, dann waren es Komplimente.

„Nimm dir ruhig noch eins“, zwitscherte meine Mom und legte Kyle noch ein Stück auf den Teller, den er ihr fordernd entgegenhielt.

Amilia drückte mir derweil ein Geschenk in die Hand. „Hier, von Kyle und mir.“

Sie hatten mir sogar ein Geschenk mitgebracht? Überrascht und neugierig zugleich packte ich es aus. Nanu? Ein schwarzer Stofffetzen? Was sollte ich denn damit? Unbeholfen drehte ich ihn in der Hand hin und her, doch ich wusste nicht, was das sein sollte.

Mitleidig nahm mir Amilia das Stück Stoff aus der Hand, fasste es gekonnt an zwei Enden und hielt es in die Höhe.

Ein „Oh“ entfuhr mir. Was Amilia da in den Händen hielt, war ein typisches Amilia Oberteil. Aufreizend und sexy. Jedenfalls für Leute, die Amilia hießen. An Normalos wie mir sah das vermutlich eher billig aus. Außerdem fragte ich mich gerade, wann ich sowas je anziehen sollte.

„Ähm, vielen Dank. Das ist … sehr… schön?“ Versehentlich klang der letzte Satz eher wie eine Frage, anstatt wie eine Aussage.

Amilia winkte ab und trank ein Schlückchen Kaffee.

„Gern geschehen!“, schmatzte Kyle, immer noch Kuchen essend.

„Ist das Et…“ Amilia räusperte sich, „Ist der Wagen draußen deiner?“, fragte sie. Irgendwie klang die Frage schnippisch.

Ich nickte. „Das ist Hugo. Den habe ich zum Geburtstag bekommen.“

Kyle grunzte. „Hugo?“

„Der ist ... ähm … nett“, sagte Amilia zögernd. Wieder erntete ich ein mitleidiges Lächeln.

Ich bedankte mich für das Kompliment, auch wenn ich genau wusste, dass das keineswegs höflich gemeint war. Ich meine, hallo? „Nett“. Jeder wusste doch, dass „nett“ die kleine Schwester von „scheiße“ war.

Der Nachmittag verlief ziemlich schleppend. Obwohl wir nur in der Küche saßen, empfand ich das als sehr anstrengend. Liam saß neben mir, hatte den Arm um mich gelehnt und versuchte Amilias Blicken auszuweichen, die ihn immer wieder anzwinkerte, während sie angewidert Schlückchen für Schlückchen aus ihrer Kaffeetasse nippte, als hätten wir sie vergiften wollen (was übrigens keine schlechte Idee gewesen wäre, wenn ich ihre liebreizenden Blicke gegenüber Liam betrachtete).

Der Einzige, der sich in dieser Konstellation wohlzufühlen schien, war Kyle. Nachdem er ungefähr 5 Kuchenstücke verputzt hatte, war er zu Broten übergegangen, die meine Mutter ihm geschmiert hatte. Ich fragte mich, wie ein Mensch so viel essen konnte, ohne dabei hinter sich auf den Stuhl zu kacken. Umso fraglicher war, wie Kyle so eine Figur dabei behalten konnte. Er musste eine wahnsinnige Verbrennung haben. Der Nachmittag kroch dahin, ohne dass sich eine richtige Unterhaltung entwickelte. Ich glaubte, selbst mit meiner nervigen Verwandtschaft hatte ich noch nicht solch einen verkrampften Geburtstag erlebt.

Als es anfing zu dämmern, griff Liam plötzlich nach seiner Lederjacke und sprang von seinem Stuhl auf. Verwundert schaute ich ihn an.

„Wo willst du denn hin?“

„Schau mal auf die Uhr. Es ist schon spät.“

Ich warf einen Blick auf meine neuerworbene Armbanduhr, doch nicht die Uhrzeit stach mir ins Auge, sondern der kleine Vollmond, der auf dem Ziffernblatt signalartig prangte. Ich begriff. Das hatte ich völlig vergessen. Musste denn ausgerechnet heute Vollmond sein? Ich seufzte laut. Ich wollte nicht, dass Liam schon ging. Und schon gar nicht wollte ich, dass ich mit Amilia weiterhin hier sitzen musste – ohne Liam. Meine Mutter hingegen verstand rein gar nichts. Wie sollte sie auch? Außer mir wusste niemand etwas von Liams kleinem Geheimnis.

„Du musst schon gehen?“, fragte sie verblüfft, „heute?“

Liam nickte. „Ich muss noch weiter zu meiner Tante. Die hat ebenfalls Geburtstag und wäre sehr unglücklich, wenn ich nicht wenigstens zum Gratulieren vorbeikäme.“

„Ach so“, nickte meine Mutter, „sehr anständig von dir, Liam.“

Es überraschte mich immer wieder, wie gut er sich mit seinem Leben arrangiert hatte. Um Ausreden war er nie verlegen und auch Lügen kamen ihm genauso leicht über die Lippen, wie die Wahrheit.

„Wenn du möchtest, kannst du noch mit ihm fahren. Du bist ja jetzt 17.“ Meine Mutter zwinkerte mir zu und ich blickte zu Liam herüber, der schuldbewusst den Blick senkte. Wenigstens fiel es ihm genauso schwer, mich allein zu lassen, wie mir ihn gehen zu lassen.

Liam hatte mal gesagt, dass er den Vollmond hasste, seit wir zusammen seien, weil er mich dann immer allein lassen müsste. Und das merkte man ihm nun auch deutlich an.

„Ähm, nein Mom, ich bleib lieber hier. Ich bin ... ähm … schon recht müde“, stammelte ich, ein Auge auf Liam gerichtet. Nun schien meine Mutter endgültig verwirrt zu sein. Schließlich ließ ich sonst nie eine Gelegenheit aus, bei Liam zu sein.

Er beugte sich zu mir herunter und gab mir einen sanften Kuss auf meine halbgeöffneten Lippen. „Wir sehen uns morgen, Liebste. Hab noch einen schönen Abend.“

Glücklicherweise sprang Amilia ebenfalls auf.

„Ich geh auch, dann kannst du noch ein bisschen mit deiner Familie feiern.“

Innerlich fiel mir ein riesiger Stein vom Herzen. Ich hatte schon befürchtet, ich müsste Amilia nun alleine unterhalten. Die beiden gingen zu Tür, als Liam sich noch einmal umdrehte.

„Kyle?“, fragte er auffordernd.

„Ich bleib noch ein bisschen“, schmatzte Kyle in seine Richtung. Er hatte sich noch zwei neue Brote auf seinen Teller gelegt.

„Kyle, du möchtest jetzt bestimmt auch gehen“, sagte Liam noch einmal mit Nachdruck.

Widerwillig blickte Kyle zu Liam auf, der ihn böse anfunkelte. Es schien ihm nicht zu passen, wenn Kyle und ich allein blieben. Ich hatte sowieso das Gefühl, umso besser Kyle und ich uns verstanden, umso eifersüchtiger wurde er. Was aber eigentlich ziemlich albern war. Kyle reichte bei weitem nicht an Liam heran. Außerdem gehörte ihm meine ganze Liebe. Da war kein Platz für Gyle-Kyle, zu dem ich sowieso nur nett war, um nicht wieder gemoppt zu werden. Liam würde das zwar nicht zulassen, ich musste ihm aber ja nicht unbedingt eine Gelegenheit dazu geben.

„Na schön“, schnaufte Kyle verärgert und nahm die restlichen Brote vom Teller. „War schön Sie kennengelernt zu haben, Mrs Forsyth“, verabschiedete er sich von meiner Mutter.

„Du bist jederzeit herzlich willkommen“, lächelte sie zurück und freute sich immer noch, dass Kyle von ihrem Essen so begeistert war.

Liam, Amilia und Kyle verschwanden durch die Haustür und ich schlich in mein Zimmer hinauf. Ohne es vorher bemerkt zu haben, fiel mir nun auf, dass ich tatsächlich ganz schön müde war. Ich legte mich in mein Bett und es dauerte nicht lange, bis ich eingeschlafen war.

Kapitel 4 (Anfang)

Mein Geburtstag war inzwischen vier Monate her und Liam und ich waren immer noch überglücklich miteinander, doch irgendetwas hatte sich verändert. Liam war zwar noch genauso liebevoll und zuvorkommend, wie am ersten Tag, doch in der letzten Zeit hatte ich das Gefühl, er freute sich, wenn Vollmond war.

Normalerweise zögerte er unsere gemeinsame Zeit immer bis zum Äußersten heraus und war dann zutiefst deprimiert, wenn er gehen musste, doch die letzten beiden Male war er viel früher als nötig gegangen. Ich fragte mich, was das wohl zu bedeuten hatte und ob ich mir darüber Gedanken machen musste.

Und noch etwas war komisch. Es hätte durchaus sein können, dass ich mir das einbildete – in Bezug auf Amilia sah ich manche Dinge nicht so klar, wie ich sollte – aber es schien mir, als würden Amilia und Liam sich zusehends besser verstehen. Vor allem, seit Liam an den Vollmondtagen früher abhaute.

Eigentlich hatte er sie immer als eingebildete hohle Frucht abgestempelt, aber seit neustem begrüßte er sie morgens in der Schule.

Und das Schlimmste: Amilia grüßte auch noch übertrieben herzlich zurück und warf ihm dazu noch jeden Morgen einen Kuss mit ihren dicken Schmollmundlippen zu.

Liam sagte zwar, ich solle mir keine Gedanken machen, das wäre einfach Amilias übertriebene Art, aber irgendwie konnte ich das nicht so ganz glauben. Ganz zu schweigen davon, dass Amilia allein mir schon ein riesiger Dorn im Auge war. Auch ohne Kuss-Schmollmund.

Wenn ich nicht genau gewusst hätte, dass Liam seine Vollmondnächte weitab des Dorfes verbrachte, mutterseelenallein, in irgendeinem Wald, weil er sich in einen allesfressenden, gefährlichen Werwolf verwandelte, hätte ich auf den Gedanken kommen können, dass er sich mit Amilia traf. Das einzig merkwürdige war eben nur, dass es ausgerechnet die Vollmondnächte waren..

Letzte Aktualisierung: 28.02.2020